T.W.V. Rheno - Franconia an der Hochschule zu Mannheim  
 
  Chronik Hochschule bis 1980 28.03.2024 23:01 (UTC)
   
 

Hochschule Mannheim (Chronik von 1895 bis 1980)

 

 

 

 

 

Ingenieurschule – Rheinische Ingenieurschule- Städtische Ingenieurschule – Staatliche Ingenieurschule – Fachhochschule für Technik – Fachhochschule Mannheim  Hochschule für Technik und Gestaltung – Hochschule Mannheim

 

Mit der Vielzahl neuer technischer Erfindungen und der Einführung neuer Fertigungsverfahren in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts trat die Stellung des Ingenieurs als verantwortliche Persönlichkeit im Betrieb und in der Konstruktion immer klarer in Erscheinung.

Dr. Paul Wittsack

Gründer der Ingenieurschule

Die bereits vorhandenen Ausbildungsstätten für den technischen Nachwuchs, die Berufs‑ und Gewerbeschulen, versuchten durch Sonderabteilungen dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Daraus entstanden die staatlichen und städtischen Baugewerbe‑ und Maschinenbauschulen, die aber vielfach zu sehr an der rein handwerklichen Weiterbildung hafteten. Aus privater Initiative entstanden in diesen Jahren Ausbildungsstätten, die ihren Lehrplan bewusst auf die Bedürfnisse der Industrie ausrichteten, was auch durch die Wahl des Namens »Ingenieurschule« deutlich zum Ausdruck kam.

Als Dr. Paul Wittsack im Jahre 1895 in Zweibrücken eine solche Schule gründete, erkannte er bald die Notwendigkeit als Ort und Sitz der Schule eine Stadt zu wählen, die eine vielseitige Industrie in nächster Umgebung aufwies.

Zu dieser Zeit war Dr. Otto Beck Oberbürgermeister der Stadt Mannheim. In großzügiger und vorausschauender Weise förderte er Industrie und Handel in der aufblühenden Rhein‑Neckarstadt. Seiner Initiative ist es auch zu verdanken, dass die mit Dr. Wittsack geführten Verhandlungen bald zu dem Ziele führten,

 

die Zweibrücker Ingenieurschule nach Mannheim zu verlegen. Am 18. Oktober 1898 wurde die »Ingenieurschule Mannheim« in einer Feierstunde eröffnet.

 

 

Die von der Stadtverwaltung gewährte Subvention bildete zunächst eine finanzielle Grundlage zur Eröffnung des Lehrbetriebes in einem Magazingebäude in der Kirchenstraße mit 86 Studierenden. Das Versprechen, in kurzer Frist die Schule in städtische Regie zu übernehmen, gab Dr. Wittsack und seinen Dozenten erheblichen Ansporn, zumal wenige Jahre später das städtische Schulgebäude N 6 4a zur Verfügung gestellt wurde.

Durch das frühe Ableben konnte Oberbürgermeister Dr. Beck sein Versprechen der Übernahme der Schule durch die Stadt nicht mehr verwirklichen. Als »städtisch subventionierte private höhere technische Lehranstalt« erwarb sich die Ingenieurschule Mannheim in kurzer Zeit einen sehr guten Ruf im In ‑ und Ausland. Die Besucherzahl wuchs schnell, wobei insbesondere der hohe Prozentsatz ausländischer Besucher hervorzuheben ist, hauptsächlich aus Russland. Trotz Ausbleiben der stets wieder von Dr. Wittsack angeregten Übernahme durch die Stadt, war durch die hohe Besucherzahl eine ausreichende finanzielle Grundlage gegeben, ein ausgewähltes Dozentenkollegium zu halten und die Lehrmittel und Laboratorien ständig zu ergänzen. Im Jahre 1914 war die Studierendenzahl auf 600 angestiegen.

Der Ausbruch des ersten Weltkrieges brachte nun den ersten heftigen Rückschlag in dieser Aufwärtsentwicklung. Zu Beginn des Wintersemesters 1914/15 waren mehrere Dozenten zum Kriegsdienst eingezogen. Die Zahl der Studierenden war durch Einberufung und freiwillige Meldung zum Kriegsdienst ganz erheblich zusammengeschrumpft, die ausländischen Studenten fehlten vollkommen. Mit großer Opferbereitschaft von Seiten der Schulleitung und der Dozenten und mit geringer, nach langwierigen Verhandlungen erreichter Unterstützung durch die Stadtverwaltung, konnte der Betrieb der Schule notdürftig bis Kriegsende durchgehalten werden.

 

Obwohl mit Beendigung des Krieges die Studierendenzahl wieder anstieg, so war doch die finanzielle Grundlage zur Weiterführung der Schule erheblich erschüttert und die nun beginnende Geldentwertung wirkte sich ebenfalls sehr ungünstig aus. Zwar war zuvor schon Dr. Zeeh als Teilhaber in die Direktion eingetreten und nun sah sich Dr. Wittsack genötigt einen weiteren Teilhaber, den Civil ‑ Ingenieur Westphal, aufzunehmen.

 

 

Die große Enttäuschung, dass die Schulübernahme durch die Stadt in weite Ferne gerückt war, die Schwierigkeiten der immer stärker sich auswirkenden Inflation sowie aufgetretene Differenzen mit seinen Teilhabern veranlassten schließlich Dr. Wittsack, sich im Jahre 1921 aus der Schulleitung und Teilhaberschaft zurückzuziehen und 1924 auch seinen noch bis dahin ausgeführten Lehrauftrag in der Abteilung Elektrotechnik aufzugeben. Er trennte sich dadurch vollkommen von der Schule und widmete sich fortan ausschließlich seiner bisherigen Nebenaufgabe als beratender Ingenieur.

Sehr bald stellte sich nun heraus, dass dieser Entschluss sich als ganz erheblicher Nachteil für die Weiterentwicklung der Schule auswirkte. Die beiden Direktoren betrachteten das »Unternehmen« ausschließlich vom materiellen Standpunkt aus und vergaßen dabei, dass ohne laufende Investitionen kein »Betrieb« auf die Dauer lebensfähig bleiben kann. Für die dringend notwendige Erneuerung der Laboratoriumseinrichtungen und der Lehrmittel wurde so gut wie nichts aufgewendet, auch vernachlässigten sie stark den erforderlichen engen Kontakt mit der örtlichen Industrie. Der durch diese Haltung der Direktoren hervorgerufene starke Dozentenwechsel wirkte sich weiterhin sehr ungünstig auf das Ansehen der Schule aus. Ein Rückgang der Studierendenzahl und wachsende Unzufriedenheit der Studierenden waren die unausbleiblichen Folgen. Weder die wiederholten Vorstellungen des allgemeinen Studentenausschusses, noch die des Absolventenverbandes konnten die starre Haltung der Direktoren beeinflussen.

Im Mai 1927 streikten die Studierenden, um die Öffentlichkeit auf die untragbaren Verhältnisse aufmerksam zu machen. Der von der Stadtverwaltung eingesetzte Beirat hatte keine Befugnisse, um entscheidend eingreifen zu können. Die Studentenschaft berief daraufhin eine Vollversammlung ein. Diese fand Ende Wintersemester 1930/31 statt. Ein von 300 Studierenden unterzeichneter Beschluss bekundete, dass sämtliche Studierende die Ingenieurschule verlassen würden, falls die beiden Direktoren noch länger im Amt blieben.

 

Nun griff die Stadtverwaltung energisch in den Streit ein. Die Subvention wurde mit sofortiger Wirkung eingestellt und das Schulgebäude gekündigt. Unter dem Druck dieser Tatsachen machten nun beide Direktoren dem Dozentenkollegium den Vorschlag auf Übernahme der Ingenieurschule. Das Dozentenkollegium nahm diesen Vorschlag grundsätzlich an, da es sich völlig darüber klar war, dass eine Beseitigung der Gegensätze zwischen der bisherigen Direktion und der Studentenschaft nach den Vorfällen der letzten 4 Jahre unmöglich geworden war. Ohne diesen Beschluss hätte die Ingenieurschule Mannheim aufgehört zu existieren.

 

 

Der nun vom Dozentenkollegium gebildete »Ingenieurschulverein e.V.« übernahm nun Schulgebäude und Lehrbetrieb mit dem Bewusstsein, der Stadt Mannheim durch die Erhaltung der vordem Hochangesehenen Ingenieurschule den besten Dienst geleistet zu haben.

Unter dem Namen »Rheinische Ingenieurschule Mannheim« und mit den Herren Dipl.‑Ing. H. Mau und Dipl.‑Ing. E. Heuser als Direktoren wurde am 16. April 1931 der Lehrbetrieb wieder aufgenommen, nachdem auch die gesamte Studentenschaft dem neuen Direktorium ihr vollstes Vertrauen ausgesprochen hatte. Damit war die zweite gefährliche Krise in der Geschichte der Ingenieurschule überwunden.

Die Stadtverwaltung Mannheim, überzeugt, dass unter der Leitung der neuen Direktoren und im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit dieser Bildungsstätte und bestärkt in der Gewissheit, dass das Dozentenkollegium durch Opfergeist und in

Hingabe an seine Lehraufträge den alten Ruf der Mannheimer Ingenieurschule wieder herzustellen als ausschließliche Verpflichtung ansah, stellte nach wie vor das Gebäude zur Verfügung und gestand auch die Subvention wieder zu. Die früheren engen Beziehungen zur Industrie wurden wieder hergestellt und erweitert, durch Bereitstellung von Mitteln von Seiten Mannheimer und Ludwigshafener Industriewerke konnten die Laboratorien ergänzt und eine Bereicherung der Lehrmittel erzielt werden. Die Lehrpläne der beiden Abteilungen Maschinenbau und Elektrotechnik und ihre Verteilung auf die einzelnen Semester wurden einer gründlichen Überprüfung und Neuaufstellung unterzogen, die Übungs-stunden erhöht und wichtige neue Lehrfächer aufgenommen. Mit besonderer Sorgfalt wurde eine neue Prüfungsordnung ausgearbeitet, die das Rückgrat für den Lehrplan bildete.

 

Bis zum Jahre 1933 war es gelungen, den alten guten Ruf der Schule wiederherzustellen. Auch gelang es durch geschickte Verhandlungen mit den neuen politischen Machthabern gefährliche Pläne, wie z.B. die Einsetzung einer kommissarischen Schulleitung zu unterbinden und damit die sichere Aufwärtsentwicklung auch nach diesem Zeitpunkt zu erreichen, sowie die politische Neutralität zu wahren. Der Weg zur Übernahme der Ingenieurschule in städtische Regie war nunmehr geebnet. Damit wäre auch die staatliche Anerkennung verbunden gewesen, die als wichtigstes Ziel unbedingt erreicht werden musste. Bei den Verhandlungen mit dem Ministerium in Karlsruhe konnte man deutlich merken, dass das Staatstechnikum Karlsruhe die Mannheimer Konkurrenz fürchtete und beim Ministerium den »längeren Arm« hatte, um die berechtigten Wünsche der Mannheimer Ingenieurschule unerfüllt zu lassen. 

 

 

Als sich dann aber die Stadtverwaltung Mannheim mit Nachdruck hinter die Forderung der Ingenieurschule stellte, kam ein Vertrag zustande, nachdem die beiden Abteilungen Maschinenbau und Elektrotechnik des Staatstechnikums Karlsruhe nach Mannheim verlegt und mit der Mannheimer Lehranstalt vereinigt werden sollten. Die wichtigste Voraussetzung dazu, die Erstellung eines entsprechenden Neubaues, hatte die Stadt Mannheim übernommen. Bis zum Jahre 1939 waren die Baupläne fertig gestellt. Das ganze Quadrat N 6 war für den Neubau vorgesehen. Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges verhinderte die Ausführung dieser Pläne. Zwar konnte der Lehrbetrieb mit einiger Verspätung wieder aufgenommen werden, zum Kriegsdienst eingezogene Dozenten, darunter auch beide Direktoren, wurden davon freigestellt und auch für die Studierenden galt das begonnene Studium als Rückstellungsgrund. Dieser Zustand änderte sich aber Anfang 1941 schlagartig. Die Rückstellung vom Kriegsdienst bei begonnenem Studium wurde aufgehoben und damit waren die Semester praktisch entvölkert. Ergänzend muss hier bemerkt werden, dass am 1. Oktober 1939 die Stadt Mannheim die Schule als »Städtische Ingenieurschule Mannheim« in eigene Verwaltung übernahm, womit auch die staatliche Anerkennung verbunden war. Damit war das Ziel erreicht, das der Schulträger seit 1931 ‑ der Ingenieurschulverein e.V. ‑ als wichtigsten Grund seiner Vereinssatzungen sich gestellt hatte.

 

Es muss schon als Tragik des Schicksals angesehen werden, dass sich den uneigennützigen Bestrebungen der beiden Direktoren und des Dozentenkollegiums immer neue Schwierigkeiten in den Weg stellten, indem einige Dozenten zum Kriegsdienst eingezogen wurden und dass mit dem vorverlegten Einzugsalter der Jugend sich die Zahl der Studierenden in den unteren Semestern stark dezimierte, so dass zuletzt das Unterrichtsministerium im April 1943 die Schließung der Mannheimer Ingenieurschule verfügte und nur dem Staatstechnikum Karlsruhe und der Ingenieurschule Konstanz die Weiterführung des Lehrbetriebes gestattete. Die Zerstörung des Schulgebäudes, der Laboratorien und Sammlungen bei dem schweren Bombenangriff in der Nacht vom 5./6. September 1943 war schließlich das Ende dieser Jahre der Aufwärtsentwicklung, also der dritte schwere Schicksalsschlag.

 

 

Nach dem Zusammenbruch und nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft begann Herr Direktor Mau mit den Vorbereitungen zum Wiederaufbau. Nachdem Ministerium, Unterrichtsverwaltung und Magistrat der Wiedererstehung der Ingenieurschule zugestimmt hatten, fand diese 1947 zunächst in zwei Stockwerken der Diesterwegschule Unterkunft, so dass der Lehrbetrieb im Mai des gleichen Jahres wieder aufgenommen werden konnte. Im Hof der Schule wurden kleinere Gebäude zur Unterbringung der Laboratorien erstellt. Es muss hier angeführt werden, dass beide Direktoren und mit einer Ausnahme auch die früheren Dozenten zunächst nicht mehr im Amt bestätigt wurden.

Unter der Leitung des Herrn Direktor Schilling begann das neue Leben der Ingenieurschule, deren Studierendenzahl rasch zunahm. Bald zeigte sich, dass die zur Verfügung stehenden Räume nicht mehr ausreichten. Es dauerte aber noch 10 Jahre bis die Schule wieder ein eigenes Gebäude erhielt. Die Schillerschule, an einer der verkehrsreichsten Stellen gelegenes Gebäude, war als Volksschule nicht mehr zu verwenden. Das Hochbauamt der Stadt Mannheim plante nun in enger Zusammenarbeit mit Schulleitung und den Dozenten den Umbau des erhalten gebliebenen Gebäudes und den Neubau der Laboratorien und es gelang in vorzüglicher Weise, das Innere des alten Gebäudes für den neuen Verwendungszweck umzugestalten und ausreichend große Laboratorien zu schaffen. Mit Beginn des Wintersemesters 1957/58 konnte dann der Lehrbetrieb im »eigenen Haus« eröffnet werden. Die feierliche Einweihung des Hauses fand am 12. Oktober 1957 statt.

Ein Jahr später, anlässlich der 60 Jahrfeier der Ingenieurschule, wurde der »Verein der Freunde der Ingenieurschule Mannheim e.V.« gegründet, der sich zur Aufgabe machte, die Schule ideell und materiell zu fördern. Ihm gehören viele Firmen der Industrie von Mannheim, Ludwigshafen und Umgebung an, ebenso auch Einzelmitglieder, namentlich frühere Albsolventen der Ingenieurschule.

Durch die bereits eingegangenen freiwilligen Spenden konnten Einrichtungen zusätzlich beschafft werden. Auch Studierende kommen dadurch in den Genuss von Zuschüssen, zur Teilnahme an Werksbesichtigungsfahrten und dergleichen.

 

Seit 1952 ist die Studiendauer an allen Ingenieurschulen Baden‑Württembergs auf 6 Semester erhöht worden. Als Abschluss des »Grundlagenstudiums« wird am Ende des 3. Semesters die Vorprüfung durchgeführt. In den übrigen Semestern erfolgt die Versetzung aufgrund der Ergebnisse der Klausurarbeiten.

 

 

Mit der Eröffnung der Abteilung Verfahrenstechnik im Sommersemester 1959 reichten die Hörsäle nicht mehr aus. In der Speyerer Straße, durch das Treppenhaus mit dem alten Gebäude verbunden, wurde durch das Hochbauamt der Stadt ein neues Gebäude errichtet, das im Wintersemester 1961/62 bezogen werden konnte. Das Laboratoriumsgebäude im Hof war bereits im Sommersemester 1959 fertig gestellt.

Im neuen Gebäude sind die Hör- und Zeichensäle der Abteilungen Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Hörsäle und Laboratorien für Physik und Chemie und im Dachgeschoß die Mensa untergebracht. Durch den Neubau wurde auch erreicht, dass kein Hörsaal nach der Straßenseite hin Fenster aufweist, um dadurch dem Verkehrslärm wirksam zu begegnen. Die Mensa erfreut sich eines regen Zuspruchs, sowohl in den Pausen, als auch zum Mittagessen, das von der Mensaküche der Wirtschaftshochschule geliefert wird.

Nachdem im Jahre 1952 Herr Direktor Schilling in den Ruhestand trat, wurde Herr Dr. Ratzel vom Personalamt der Stadt mit der Leitung der Ingenieurschule beauftragt. Dr. Ratzel war seit Wiedereröffnung der Schule als Dozent für Physik tätig. Mit seiner Wahl zum Bundestagsabgeordneten musste er 1955 dieses Amt abgeben, behielt aber seinen Lehrauftrag für Physik, bis er im Herbst 1959 zum 1. Bürgermeister der Stadt Mannheim gewählt wurde. Herr Dipl.-Ing.

Oskar Meixner, seit 1949 Dozent in der Abteilung Maschinenbau und seit 1952 Fachvorstand dieser Abteilung, wurde zunächst kommissarisch mit der Leitung der Ingenieurschule beauftragt und 1957 als Direktor bestätigt. 

Das Unterrichtsministerium von Baden ‑ Württemberg verfolgte seit längerer Zeit den Plan, alle Ingenieurschulen des Landes in staatliche Regie zu nehmen. Es war nicht leicht, die Mannheimer Stadtväter für diesen Plan zu gewinnen, denn die Ingenieurschule war eben ein »Mannheimer Kind«, von dem man sich nur schwer trennen konnte.

Hochhaus der

Fachhochschule für Technik

 

Am 1. Januar 1962 erfolgte schließlich die Übergabe an den Staat. Auch als »Staatliche Ingenieurschule Mannheim« wird sie bleiben was sie war und was sie ist: Die Mannheimer Ingenieurschule; stets bestrebt eine hervorragende Ausbildungsstätte zu sein, die dem künftigen Ingenieur das nötige Rüstzeug vermittelt, um in der Industrie seinen Mann zu stellen.

 Die weit verzweigte chemische Industrie von

 Mannheim und Ludwigshafen bildete den Hintergrund für die Aufnahme der dritten Studienabteilung »Verfahrenstechnik«, die hauptsächlich dem großen Sondergebiet des Apparatebaues gewidmet ist. Dies gilt auch für die seit Sommersemester 1964 neu errichtete vierte Abteilung zur Ausbildung des Chemie ‑ Ingenieurs.

Ein großzügiger Erweiterungsbauplan ist vom Staatlichen Hochbauamt bereits ausgearbeitet. Er wird für die vierte Abteilung, sowie auch zur Erweiterung der übrigen Abteilungen, die erforderlichen Hörsäle und Laboratoriumsräume schaffen. Mit der Bauausführung soll in Kürze begonnen werden.

 

Mit dem am 15.03.1965 begonnenen Sommersemester beträgt die Anzahl der immatrikulierten Studierenden 612. Es sind 37 hauptamtliche und 11 nebenamtliche Dozenten, unterstützt von 10 Assistenten, tätig. Weiterhin sind 4 Laboranten, 2 Chemotechniker und 1 technischer Zeichner beschäftigt. In der Verwaltung sind 2 Beamte, 5 Angestellte und in der Bücherei eine weitere Angestellte tätig. In der Werkstätte arbeiten 1 Obermeister, 3 Meister und 4 Spezialhandwerker, 6 Planstellen sind unbesetzt. Der Mangel an Arbeitskräften macht sich hier am stärksten bemerkbar. 

 

Abschließend kann festgestellt werden, dass die durch den Krieg und seine Zerstörungen hervorgerufene dritte Krise in der Entwicklung der Ingenieurschule mit viel Idealismus und unermüdlicher Arbeit aller Beteiligten überwunden ist.

 

Die Übernahme der Schule durch den Staat im Jahre 1962 muss als wesentlicher Markstein in der Chronik vermerkt werden. Die Stadt Mannheim hatte großzügige Aufwendungen beim Wiederaufbau und weiteren Ausbau der Schule geleistet und dadurch die Grundlage geschaffen für eine günstige Weiterentwicklung. Durch die Verstaatlichung wurde die Schule einbezogen in das großzügige Ingenieurschul ‑ Bauprogramm des Landes Baden ‑ Württemberg. Die zur Erweiterung erforderlichen Nachbargrundstücke konnten erworben werden und schließlich auch mit der Stadt und dem Deutschen Verband für Schweißtechnik die Verlegung der Schweißtechnischen Lehr‑ und Versuchsanstalt vereinbart werden.

Damit war die Grundfläche für die erforderlichen Bauausführungen sichergestellt. In den früheren Neubauten konnten die Lehr ‑ und Laboratoriumsräume der beiden neuen Abteilungen Verfahrenstechnik und Chemische Technik gut untergebracht werden. Mit der Trennung der Abteilung »Allgemeine Elektrotechnik« in die beiden Studiengänge »Elektrische Energietechnik« und »Nachrichtentechnik« im Jahre 1968, und ein Jahr später der Eröffnung der Abteilung Informatik, reichten aber die vorhandenen Räume nicht mehr aus. Bis zur Fertigstellung der Neubauten mussten daher die Vorlesungen und der Laboratoriumsbetrieb für die Hälfte der Studierenden in den Nachmittagstunden durchgeführt werden. Erst acht Jahre nach der Schulübernahme durch das Land, im Jahre 1970, erfolgte die Grundsteinlegung der »Staatlichen Neubauten«, deren Fertigstellung sich dann noch Jahre hinauszog.

Es stand aber nun ein zusammenhängendes Gelände von etwa 2,6 ha zur Verfügung. Außerdem wurde im Jahre 1970 das Anwesen der früheren Firma Süpak, Windeckstraße 87 ‑ 89, für die Schule erworben. Das Grundstück mit seinen Fabrikgebäuden, etwa 0,45 ha groß, ist in ganz geringer Entfernung vom Gesamtgebäude an der anderen Straßenseite gelegen. Mit verhältnismäßig geringem Aufwand und daher auch kurzfristig konnten hier Lehrsäle, Laboratoriumsräume und erforderliche Nebenräume für die Abteilungen Nachrichtentechnik und Informatik geschaffen werden. 

Mit dem Bau des 12 geschossigen Hochhauses wurde im Jahre 1970 begonnen. Es enthält die dringend notwendigen Hör ‑ und Konstruktionssäle, Dozentenzimmer, Räume für das Rektorat, die Verwaltung und die Bücherei. Etwa in mittlerer Höhe sind weiterhin Aufenthaltsräume für Studenten, eine Cafeteria und Räume für studentische Einrichtungen.

Entlang der Trennmauer zur Firma John Deere (ehem. Lanz) wurde die »Laborzone« erweitert. Die Laboratorien für organische und anorganische Chemie, für physikalische Chemie, für Betriebstechnik und ein Experimentierhörsaal konnten hier gut untergebracht werden.

In diesen Jahren erfolgte aber auch die Entwicklung der Schule zu ihrem neuen Stand als Fachhochschule. Verschiedene Gremien, darunter die Deutsche Kommission für Ingenieurausbildung, drängten auf Einbeziehung der Ingenieurschulen in den Hochschulbereich. Auch Standesinteressen der Ingenieur ‑ Studenten im Zusammenhang mit der freien Niederlassung im EWG ‑ Bereich spielten bei dieser Entwicklung eine besondere Rolle in der Öffentlichkeit. Die Zulassungsvoraussetzungen zum Studium mussten aber dadurch geändert werden.

 

In vielen Gebieten des Ingenieurwesens, z. B. Kerntechnik, Nachrichtentechnik, Datenverarbeitung usw., reichte die mit der »mittleren« oder auch »Fachschulreife« vorhandene Wissensgrundlage nicht mehr aus. Es musste daher während der ersten Studiensemester das erforderliche Grundlagenwissen ergänzt werden. Das führte zu einer übergroßen Stoffmenge im Studium, worunter die Vertiefung der zu erwerbenden Kenntnisse leiden musste. In Baden ‑ Württemberg wurde daher die »Fachhochschulreife« eingeführt mit 12 jährigem gymnasialem Schulabschluss. Weiterhin wurde eine einjährige Praktikantenzeit festgelegt, als zwei Industriesemester, zugehörig zum Studium.

Im Fachhochschulgesetz des Landes Baden ‑ Württemberg vom 1. Oktober 1971 erhielt die Schule dann den Status einer Fachhochschule für Technik (FHT). Die Fachhochschule hat das Recht der Selbstverwaltung und ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Die Regelstudienzeit für alle Studiengänge an der Fachhochschule für Technik Mannheim beträgt 8 Semester, wobei zwei Industrie ‑ Praxissemester eingerechnet sind. Wer die Abschlussprüfung mit Erfolg bestanden hat, erwirbt damit den akademischen Grad »Ingenieur (grad.)« bzw. »Informatiker (grad.)«.

Durch Erlass des Unterrichtsministeriums ist dieser akademische Grad geändert worden in die Diplomierung zum Diplom ‑ Ingenieur FH. Diese Diplomierung erfolgt mit der Abschlussprüfung am Ende des Sommer ‑ Semesters 1979.  

Für Absolventen, die ihre Abschlussprüfung nach Ernennung der Schule zur Fachhochschule (1.10.1971) abgelegt haben, besteht die Möglichkeit der »Nachdiplomierung«.

An der Fachhochschule Mannheim kann das Studium in folgenden Fachbereichen durchgeführt werden: Maschinenbau, Elektrische Energietechnik, Nachrichtentechnik, Verfahrenstechnik, Chemische Technik und Informatik.

Dazu kommen noch die Fachbereiche Naturwissenschaftliche Grundlagen und Wirtschafts ‑ und Sozialwissenschaften. Jeder Fachbereich ist aufgeteilt in einzelne Institute, entsprechend den Sondergebieten.

Beim Maschinenbau ‑ Fachbereich sind es die Institute für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik, Verbrennungskraftmaschinen, Kraftfahrzeugtechnik, Strömungslehre und Strömungsmaschinen, Werkstoffprüfung, Heizungs ‑ und Klimatechnik sowie Kältetechnik.

Zum Fachbereich Elektrische Energietechnik zählen die Institute Elektrische Antriebe und Energie ‑ Elektronik, Hochspannungstechnik, Lichttechnik,

Elektromaschinen und Elektrische Anlagen.

Zur Nachrichtentechnik gehören die Institute Niederfrequenztechnik, Hochfrequenztechnik sowie Elektrische Messtechnik.

Die Verfahrenstechnik gliedert sich in die Mechanische Verfahrenstechnik und in die Thermische Verfahrenstechnik.

Bei der Chemischen Technik bestehen die Institute Organische Chemie, Anorganische Chemie, Physikalische Chemie, Chemische Betriebsmesstechnik, Radiochemie und Physik.

Die Informatik ist eine der jüngsten Wissenschaften. Datenverarbeitung und die dazu gehörenden Datenverarbeitungsanlagen sind die beiden Gebiete dieses Fachbereichs. Die stürmische Entwicklung dieses Gebietes im letzten Jahrzehnt ist der Verwendung elektronischer Bauteile zuzuschreiben. Sie ermöglichen absolut betriebssichere Anlagen mit großer Speicherkapazität und geringen Verarbeitungszeiten.

Das Rechenzentrum der FHT Mannheim verfügt über eine Siemens ‑ Rechenanlage. Jedem Studenten soll, im bescheidensten Falle, die Nutzung einfacher Programme ermöglicht werden. Damit ist er auch in der Lage, mit dem Datenverarbeitungs ‑ Fachmann das erforderliche fachliche Gespräch zu führen. Der Student der Fachrichtung Informatik muss dagegen gründlich in diesem Gebiet ausgebildet werden. 

 

Die früher verlangte zweijährige praktische Tätigkeit vor dem Studium wurde bei der Fachhochschule ersetzt durch eine praktische Ausbildung des Studenten, zugehörig zum Studium. Für jeden Fachbereich gelten besondere Bestimmungen über Zeit und Art dieses Praktikums:

 

1. Das Grundpraktikum, das vor Beginn des Studiums durchzuführen ist, dauert

drei Monate. Es soll den Studienbewerber einführen in die praktischen Grundfertigkeiten der gewählten Fachrichtung. Bewerber mit dem erfolgreichen Abschluss eines Technischen Gymnasiums oder einer sonstigen Technischen

Oberschule haben diese Grundfertigkeiten dort schon erworben. Für sie entfällt daher das Grundpraktikum, das in allen Fällen nicht zur Studienzeit gerechnet wird.

 

2. Das erste Industrie ‑ Praxissemester. Es dauert 6 Monate. Es soll in einem Industriebetrieb der gewählten Fachrichtung durchgeführt werden und in die praktischen und einfachen theoretischen Grundlagen einführen. Für die Fachrichtungen Maschinenbau, Elektrische Energietechnik und Verfahrenstechnik ist es das Semester 1. Für die übrigen Fachrichtungen ist es das Semester 3.

 

3. Das zweite Industrie ‑ Praxissemester. Mit ebenfalls 6 Monaten Dauer soll es, durch eine ingenieurnahe Tätigkeit, in die Probleme des Betriebes Einblick geben und damit den späteren Einsatz erleichtern. Für alle Fachrichtungen ist es das 6. Semester. Die beiden Industrie ‑ Praxissemester werden also in das 8 Semester dauernde Studium eingerechnet.

 

4. Ein freiwilliges Zusatzpraktikum von etwa 3 Monaten Dauer soll Spezial-kenntnisse vermitteln, die für den Fachbereich von Bedeutung sein können, z. B. Schweißtechnik, Kunststoffverarbeitung u. a.

Das Zusatzpraktikum kann im Rahmen eines Industriesemesters in den Semesterferien oder in Wochenendlehrgängen durchgeführt werden.

Wirtschaft und Industrie sind daher gebeten, bei den Industriesemestern mitzuhelfen. Das führt zu einem guten Kontakt zwischen Ausbildungsstätte und Industrie, der beiden zugute kommt.

 

Im Sommersemester 1980 betrug die Studierendenzahl 1239. Es waren 78 hauptamtliche und 34 nebenamtliche Fachhochschullehrer tätig. In der Verwaltung und Werkstatt waren etwa 75 Leute tätig. Zu Verwaltungsangestellten zählen auch die 18 Assistenten. 

 

Alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit der Fachhochschule Mannheim sind gegeben, zum Wohle der Studierenden, der Stadt Mannheim, des Landes Baden ‑ Württemberg und der Industrie, insbesondere des ganzen Rhein – Neckar ‑ Gebietes.

 

 

Mannheim, im Oktober 1980

 

Prof. Dipl.-Ing. Emil Heuser

 

 

 
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